Kaufmannseigenschaft: Rechte und Pflichten die damit verbunden sind

Zuerst geht es um die Regeln in Deutschland, danach um die in Österreich und der Schweiz. Los geht's. 

Deutschland. Unter der Kaufmannseigenschaft versteht man die rechtliche Einstufung einer Person oder eines Unternehmens als Kaufmann nach dem Handelsgesetzbuch, kurz HGB. Damit sind ganz bestimmte Rechte und Pflichten verbunden.

1. Wer ist überhaupt ein Kaufmann?

Nach HGB gibt es verschiedene Arten von Kaufleuten:

  • Ist-Kaufmann nach § 1 HGB: Wer ein Handelsgewerbe betreibt, das nach Art und Umfang einen kaufmännischen Geschäftsbetrieb erfordert, ist automatisch Kaufmann.
  • Kann-Kaufmann nach § 2 HGB: Gewerbetreibende, deren Unternehmen keinen kaufmännischen Betrieb erfordert, können sich freiwillig ins Handelsregister eintragen lassen und dadurch die Kaufmannseigenschaft erlangen.
  • Form-Kaufmann nach § 6 HGB: Juristische Personen wie zum Beispiel eine GmbH oder AG sind unabhängig von ihrer Tätigkeit Kaufleute.
  • Fiktiv-Kaufmann nach § 5 HGB: Wer im Handelsregister als Kaufmann eingetragen ist, gilt auch als solcher, selbst wenn sein Betrieb eigentlich keinen kaufmännischen Geschäftsbetrieb erfordert.

2. Die Rechte eines Kaufmanns:

  • Freiheit bei der Namenswahl, also der Firmierung: Ein Kaufmann kann seinen Firmennamen selbst bestimmen, solange er sich von anderen unterscheidet und nicht irreführend ist. Ein Kioskbetreiber mit Lottoannahmestelle darf sich damit also zum Beispiel nicht »Sozialvereinigung Bottrop« nennen, auch wenn der Kioskbetreiber seinen Kiosk als sozialen Treffpunkt ansieht.
  • Prokura und Handlungsvollmacht nach §§ 48–58 HGB: Kaufleute können Mitarbeitern weitreichende Vertretungsbefugnisse erteilen. Falls euch das im Detail interessiert, schaut doch dazu einfach in meinen entsprechenden Blog und Podcast rein.
  • Erweiterte Kreditaufnahmemöglichkeiten: Kaufleute haben oft besseren Zugang zu Bankkrediten oder Investoren als Privatpersonen.

3. Die Pflichten eines Kaufmanns:

  • Eintragung ins Handelsregister nach § 29 HGB: Ist- und Form-Kaufleute müssen sich ins Handelsregister eintragen lassen.
  • Buchführungspflicht nach § 238 HGB: Kaufleute müssen ordnungsgemäß Bücher führen und eine Bilanz erstellen. Abweichende Regeln gelten für Kleingewerbetreibende und Freiberufler.
  • Handelsbräuche beachten nach § 346 HGB: Kaufleute müssen sich an die Regelungen im Geschäftsverkehr halten wie zum Beispiel die unverzügliche Mängelrüge.
  • Erhöhte Sorgfaltspflichten: Kaufleute müssen im Geschäftsverkehr besonders sorgfältig handeln, um Haftungsrisiken zu vermeiden, was selbstverständlich sein sollte
  • Pflicht zur Rechnungsstellung und Aufbewahrung: Kaufleute müssen Rechnungen erstellen und Geschäftsunterlagen über bestimmte Jahresfristen aufbewahren.

Die Kaufmannseigenschaft in Österreich und in der Schweiz ist ähnlich wie in Deutschland geregelt, weist natürlich aber einige länderspezifische Besonderheiten auf.

1. Die Kaufmannseigenschaft in Österreich

In Österreich ist das Handelsrecht im Unternehmensgesetzbuch, kurz UGB geregelt. Anstatt vom "Kaufmann" wird hier vom "Unternehmer" gesprochen.

Wer ist Unternehmer?

Nach § 1 UGB ist man ein Unternehmer, wenn man ein Unternehmen betreibt, das auf Dauer selbstständig eine wirtschaftliche Leistung erbringt. Hier gibt es verschiedene Kategorien:

  • Gesetzliche Unternehmer nach § 1 UGB: Wer ein Unternehmen mit einem kaufmännischen Geschäftsbetrieb führt, ist automatisch Unternehmer.
  • Freie Unternehmerwahl nach § 2 UGB: Kleinere Gewerbetreibende können sich freiwillig ins Firmenbuch eintragen lassen. Das österreichische Firmenbuch entspricht dem deutschen Handelsregister.
  • Formunternehmer nach § 3 UGB: Juristische Personen wie eine GmbH oder AG gelten automatisch als Unternehmer.

Rechte eines Unternehmers in Österreich:

  • Der Firmenbuch-Eintrag gemäß § 8 UGB ermöglicht eine offizielle Firmierung und schafft Vertrauen bei Geschäftspartnern.
  • Erleichterte Vertragsgestaltung: Unternehmer können auf das Unternehmensrecht zurückgreifen, damit gibt es zum Beispiel keine Formvorschriften für Verträge.
  • Erteilung von Prokura gemäß § 49 UGB: Unternehmer können Prokuristen bestellen, die eine umfassende Handlungsvollmacht besitzen.

Pflichten eines Unternehmers in Österreich:

  • Buchführungspflicht nach § 189 UGB: Unternehmer mit mehr als 700.000 € Umsatz pro Jahr müssen eine doppelte Buchführung durchführen und eine Bilanz erstellen.
  • Pflicht zur Rechnungslegung: Unternehmer müssen Rechnungen ausstellen und aufbewahren.
  • Unverzügliche Mängelrüge gemäß § 377 UGB: Unternehmer müssen Mängel einer Lieferung sofort rügen, sonst verlieren sie ihre Ansprüche.
  • Firmenbuch-Eintragungspflicht nach § 8 UGB: Alle Unternehmer mit einem kaufmännischen Geschäftsbetrieb müssen sich registrieren lassen.

2. Kaufmannseigenschaft in der Schweiz

Das Schweizer Handelsrecht ist im Obligationenrecht, kurz OR, und im Handelsregistergesetz, kurz HRG, geregelt.

Wer ist Kaufmann in der Schweiz?

  • Eintragungspflichtige Unternehmen: Jede gewerbsmäßige, auf Dauer angelegte wirtschaftliche Tätigkeit ist ein Unternehmen.
  • Handelsgesellschaften wie zum Beispiel eine GmbH oder AG sind automatisch Kaufleute und müssen sich ins Handelsregister eintragen lassen.
  • Kleingewerbetreibende müssen sich erst ab einem Umsatz von 100.000 Schweizer Franken pro Jahr ins Handelsregister eintragen.

Rechte eines Kaufmanns in der Schweiz:

  • Der Handelsregistereintrag schafft Vertrauenswürdigkeit und erleichtert Geschäftsbeziehungen.
  • Erlaubnis zur Prokuristenbestellung nach Art. 458 OR, um Mitarbeitern weitreichende Handlungsvollmachten zu geben.
  • Rechtsfähigkeit der Firma: Eine Firma kann unter ihrem Namen klagen und verklagt werden.

Pflichten eines Kaufmanns in der Schweiz

 

  • Buchführungspflicht gemäß Art. 957 OR: Unternehmen mit einem Umsatz von über 500.000 CHF pro Jahrmüssen eine doppelte Buchführung durchführen.
  • Unverzügliche Mängelrüge gemäß Art. 201 OR: Unternehmer müssen Mängel einer Ware sofort rügen.
  • Aufbewahrungspflichten: Geschäftsunterlagen müssen entsprechend der gesetzlich vorgesehenen Fristenaufbewahrt werden.

Weiterführende Informationen findet ihr in meinem Buch Buchführung und Bilanzierung für Dummies.