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Die Prokura und in Vertretung: wer darf denn unterschreiben

Die Prokura ist eine Vollmacht, mit der die Prokuristin oder der Prokurist berechtigt ist, Geschäfte für ein Unternehmen abzuschließen, zum Beispiel indem sie oder er Verträge unterschreibt. 

 

In Deutschland regelt der § 49 des Handelsgesetzbuchs die Prokura. Kurz und knapp steht dort: »Die Prokura ermächtigt zu allen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt.«

 

In Österreich wird die Prokura im § 49 des Unternehmensgesetzbuchs geregelt. Der Text ist genau gleich wie im HGB. Ergänzend wird dort noch darauf hingewiesen, dass es für die Prokura keiner besonderen Vollmacht bedarf.

 

In der Schweiz ist es der Artikel 458 des Obligationenrechts, der die Prokura regelt: »Wer vom Inhaber eines Handels-, Fabrikations- oder eines anderen nach kaufmännischer Art geführten Gewerbes ausdrücklich oder stillschweigend ermächtigt ist, für ihn das Gewerbe zu betreiben und per procura die Firma zu zeichnen, ist Prokurist.«

 

In Deutschland und in der Schweiz muss die Prokura ins Handelsregister eingetragen werden. In Österreich ins Firmenregister. Damit können Geschäftspartner nachprüfen, ob zum Beispiel ein Vertrag auch von einer dazu berechtigten Person mit Prokura unterschrieben wurde.

 

Die spannende Frage ist, bei welchen Handlungen eine Prokura benötigt wird und bei welchen nicht. Dazu zuerst mal zwei etwas, nein ziemlich überzeichnete Extremfälle. 

 

Im Unternehmen Old-School-Patronat GmbH darf nur der Prokurist Einkäufe, Geschäfte und Rechtshandlungen jeder Art vornehmen. Der Patron vertraut nur ihm, niemand anders darf auch nur einen Cent ausgeben oder irgend etwas vereinbaren. Nur er darf auch Verträge unterzeichnen. Auf diesen Job solltet ihr euch auch bei bester Eignung und hohen Gehaltsaussichten niemals bewerben, da ihr dort die Rolle des allseits gehassten Flaschenhalses hättet. Es geht los:

Die Buchhalter müssen schon eigene Bleistifte von zu Hause mitbringen, da der Prokurist keine eingekauft hat. Die Maschine der Produktionsline 456A am Standort Buxtehude steht seit zwei Schichten, da ihr die Materialbestellung noch nicht unterzeichnet habt. Die IT droht mit der Abschaltung von Datenleitungen, da ihr die Verträge mit dem Anbieter noch nicht unterzeichnet habt. Die Assistentin von Herr Patron ist sauer auf euch, da ihr noch keine neuen Besprechungskekse und keine Kaffee nachbestellt habt. Ein einziger Albtraum mit hohen Burn-Out-Potenzial.

 

Das Unternehmen flat & easy GmbH kann sich im Unterschied zur Old-School-Patronat GmbH vor Bewerbungen für die offene Prokurastelle kaum retten. In der flat & easy GmbH darf im Grunde genommen jeder Mitarbeiter alles machen, Hauptsache es geht schnell und agil. Flache Hierarchien und schnelle Entscheidungen sollen für Wettbewerbsvorteile sorgen. Die Buchhalter kaufen sich die Bleistifte auf Firmenkosten selbst samstags beim Wocheneinkauf und verbuchen die Rechnungen auch selbst, die Schichtleiter in Buxtehude sind dazu befugt das Material selbst zu bestellen und der zuständige Gruppenleiter für die entsprechende Datenleitung darf den Vertrag mit dem US-Amerikanischen Anbieter schnell selbst unterzeichnen. Die Prokura ist dabei nirgends gefragt. Der Prokuristen-Job hier ist ein einziges Träumchen mit Potenzial für ein Bore-Out.

 

Beides Extreme. Dazu jetzt der Unterschied zwischen der Prokura und der Handlungsvollmacht. Die Prokura ist eine Vollmacht, deren Umfang gesetzlich festgelegt ist Damit darf man fast alle Geschäfte tätigen und weitgehend für den Inhaber der Unternehmung tätig sein. Im Unterschied dazu ist die Handlungsvollmacht mit deutlich weniger Befugnissen ausgestattet.

 

Mit einer Prokura könnt ihr alle gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäfte tätigen. Ausgenommen davon ist die Auflösung oder der Verkauf des Unternehmens. Den Jahresabschluss dürft ihr auch nicht unterschreiben und ihr dürft auch keine weitere Prokura erteilen.

 

Mit einer Handlungsvollmacht dürft ihr alle gewöhnlichen Geschäfte tätigen, wenn ihr eine Generalvollmacht habt. Habt ihr lediglich eine Gattungsvollmacht seid ihr nur für wiederkehrende Aufgaben berechtigt. Und verfügt ihr nur über eine Einzel- oder Sondervollmacht, wurdet ihr nur für ein bestimmtes Geschäft bevollmächtigt und nicht für wiederkehrende Sachen.